Von Tito bis Scholz - und was dazwischen liegen kann

Kroatien Mai 2023

Wenn ich vor Antritt unserer diesjährigen Reise gefragt wurde, wie die Törnplanung sei, hatte ich diese glasklar vor Augen. Zügig an der italienischen Adriaküste entlang. Wegen der spärlich vorhandenen, schützenden Ankerbuchten schnurstracks der griechischen Sonne entgegen. Ausgeschlossen habe ich eine Tour durch die kroatische Inselwelt. Nein, nicht schon wieder Kroatien!

Nun sitze ich hier, vier Wochen später, mit Block und Bleistift. lei lei schwappt angeleint an einer Ankerboje, der im Süden gelegenen Insel Lastovo, in Kroatien. Zunächst machte es Sinn San Giorgio in Richtung Istrien zu verlassen. Der Wind wehte prima, hätte uns nur niemals entlang Italiens Küste geschoben. Pläne kann oder muss man manchmal ändern. Wir kauften eine Vignette (Permit) für Kroatien und entrichteten unsere Kurtaxe. Ich hatte den Wunsch die Stadt Rab hierfür zu besuchen. Im Abstand von einigen Jahren kehrten wir immer mal wieder an den Ort des ersten gemeinsamen Urlaubs zurück. Damals Jugoslawien, unter kommunistischer Herrschaft. Ich fand es einst fremd und bedrohlich "Tito" in riesigen Lettern auf Felsen zu lesen. Josip Broz Tito war damals der Präsident der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien. Stünde heute auf Deutschlands Felswänden "Scholz" fänd ich es lustig. Mit dem kleinen Motorboot von Wolfgangs Eltern zischten wir in nahegelegene Buchten, badeten und brutzelten in der Sonne. Dies in einem, heute undenkbaren, Maße. Ozonloch, Hautkrebs und vorzeitiger optischer Alterungsprozess waren keine Themen, über die man sich Gedanken machte. Übernachtet wurde in einer kleinen privaten Pension mit Frühstück. Abends schlemmten wir ausgiebig Garnelen in Knoblauchöl beim benachbarten Wirt für, wie man so schön sagt, kleines Geld. Die Demokratie, die europäische Union und auch zuletzt die Einführung des Euro haben dafür gesorgt, dass größeres Geld erforderlich ist, will mit im heutigen Kroatien zu Gast sein. Aus dem Städtchen Rab ist übrigens einer der hübschesten Orte geworden, die ich Kroatien kenne. Vor allem in der ruhigen Vorsaison, wie in diesem Jahr.


Unser Freund Norbert war zur selben Zeit unterwegs, mit seinem fast nagelneuem Segler. Diverse, wechselnde Crews (Jungs ohne Altersbegrenzung) begleiteten ihn. Wir nutzen die Gelegenheit, machten den ein oder anderen Schlag gemeinsam und verbrachten gesellige Tagesausklänge in Konobas oder einer unserer Boote.

Norbert ist Innenarchitekt, sehr kreativ, hat Stil und Geschmack, genießt die Gaumenfreuden und die Geselligkeit. Ich kenne niemanden, der in den einfachsten und rustikalsten Buchtenkonobas jedesmal, wenn es um die Wahl eines Nachtisches geht überflüssigerweise fragt: "Haben Sie vielleicht ein Sorbet mit Zitroneneis und Prosecco?"

So wurde aus Norbert - Sorbert.


In Gemeinschaft ließen sich eine Woche Dauerregen, Gewitter und Sturmböen besser ertragen. Auch die ältesten Einheimischen konnten sich nicht an solche Wassermasse erinnern, die so manche Stadt überflutete. Steigende Pegel sind für uns Segler keine Gefahr, wir schwimmen ja bereits. Wenn man allerdings feststellen muss, dass nicht alle Luken an Deck dicht sind, wir die Lage schon unangenehmer. Tücher und Schüsseln wurden so positioniert, dass möglichst viele Tropfen eingefangen werden konnten. Wir freuen uns auf ein neues Projekt! Die Natur saugte auf, grünte und blühte, was das Zeug hielt, in Erwartung auf einen, vielleicht wieder sehr heißen und trockenen, Sommer.


Korcula, Makarska, das stille alte Bergdorf Lastovo und einige Wanderungen später sind wir kurz vor der Überfahrt nach Italien. Morgen früh um 4:00 Uhr werden wir die Segel setzen. 70 Seemeilen liegen vor uns.

Vieste -  Italien - endlich!


P.S.: Hoch über Makarska (1762m) im Biokovo Gebirge gibt es einen Skywalk. Ein gläserner Boden und eine ebensolche Brüstung ragen im Halbrund aus dem Bergmassiv. Grandiose Aussicht!

Ein Schritt und das Kribbeln in meinen Fußsohlen beginnt, steigt den Körper hinauf und fliegt im Kopf auseinander. Ich verzichte gerne.

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