Vollmond in Euphimia, auf Kefalonia, im Ionischen Meer. Ende Oktober sind die Touristenströme versiegt. Es herrscht ein friedliches Treiben derer, die hier leben. Die Zeitumstellung sorgt ab jetzt für lange Abende. Wir warten auf den passenden Wind. In spätsommerlicher Stimmung treib er uns sanft zum Festland, zu letzten Station, bevor wir Messolonghi, unser Winterlager erreichen. Die Tagestemperaturen liegen bei phantastischen 23 Grad.
Etwas über drei Jahre ist es jetzt her, seit wir beschlossen unser Leben um 180 Grad zu drehen. Leichte Veränderungen hätten uns nicht gereicht. Mutig und neugierig machten wir uns auf den Weg in eine, hoffentlich spannende und erfüllende, Zukunft.
Ich will nicht vorgreifen. Aus meiner Vergangenheit weiß ich, dass ich zunächst durch das tiefe Tal der Unzufriedenheit, des Unglücklichseins, sogar der Tränen wandern muss. Bis sich daraus Wut zusammenbraut, die mir Energie verschafft. Jetzt bin ich bereit mich den Fragen zu stellen: Was will ich? Wie kann ich es umsetzen? Was muss ich tun? Erstaunlicherweise kann ich die Antworten meist prompt geben. Fühlt sich das im Bauch gut an, stimmt mich die Vorstellung euphorisch, dann ist es richtig. Der Weg aus dem düsteren Tal ist kürzer als befürchtet.
2020 waren wir, Wolle und ich, an dem Punkt, uns diese Fragen zu stellen und gemeinsam zu beantworten. Wolle war beruflich ausgelaugt. Seine Schritte wollten im Hamsterrad nicht mehr das Tempo halten. Keine leichte Entscheidung, wenn man das berufliche Lebenswerk des Vaters, unter den sich veränderten Bedingungen, nicht weiterführen möchte. Ich, als soloselbständigte Kleidermacherin hatte meine Berufung, nach Kinderaufzucht, Hege und Pflege, gerade gut im Griff, da erkrankte meine Mutter schwer. Von einem auf dem anderen Tag wurde mir klar, wie alt die Eltern mittlerweile waren. Ich sah mich in der Pflicht hilfreich zu unterstützen. Also schaltete ich beruflich wieder einen Gang zurück. Die Kombination von Einzelkind und Tochter zeigte nun ihr böses Gesicht. Ich war überfordert, bin es heute noch. Corona ließ mein kleines Unternehmen ins Koma fallen. Den Hauch des nicht weit entfernten 60. Lebensjahres konnte ich schon im Nacken spüren. Da lag es nun vor mir, mein tiefes Tal des Unglücklichseins.
Also nahmen wir uns bei den Händen, der Wolle und ich. Wir beschlossen die kommenden Schritte im Gleichtakt zu gehen. Wir hatten die selben Ideen für unseren letzten fitten, gesunden und aktiven Lebensabschnitt. Dann begann sie, die 180 Grad Wende.
Ballast abwerfen, entrümpeln, vereinfachen, verkaufen, verschenken, loslassen. Das befreit! Was bleiben soll ist eine Essenz mit ästhetischem Anspruch und maßvollem Luxus. Natürlich haben wir auch gerechnet, denn es muss langen bis zum Schluss.
Die Essenz hat drei Hauptzutaten:
D-61476 Kronberg