Wir hatten einen Liegeplatz in der Marina von Vieste gebucht. Der schöne Alessandro und sein Vater verzurrten uns am Schwimmsteg. Alessandro ersparte mir die Aufgabe, die schwere, schlammige und mit Muschelbewuchs behaftete Mooringleine am Bug zu vertäuen. Die dreckige, braune Brühe spritzte über das Vordeck und das Tau hinterließ seine Spuren am Bootsrumpf. Hierfür heftet an unserem Navigationstisch die Liste der lästigen Aufgaben (To-Do-Liste), die zeitnah zu erledigen sind. Eine komplette Abarbeitung scheint schier unmöglich.
Nach genau 42 Sommern war es mir vergönnt das Reiseziel meiner Jugend aus heutiger Sicht zu betrachten. Die Erinnerung ist vage. Dennoch habe ich den Campingplatz gefunden und ich konnte mich genau an die Stelle erinnern, an der wir damals unser kleines Igluzelt aufgebaut hatten. Anstatt Zelte finden heute Campingmobile ihre Parzellen. Hierfür mussten die schattenspendenden Bäume Äste lassen oder auch gänzlich verschwinden. Ich glaube damals war es heimeliger. Die sanitären Einrichtungen sind mittlerweile komfortabler, erstaunlicherweise noch am selben Ort. Die Bambusmatten, die Männlein und Weiblein während der hygienischen Maßnahmen von einander trennte, wurde durch massiveres Baumaterial ersetzt. Ob immer noch nur kaltes Wasser aus den Brauseköpfen sprüht, habe ich nicht getestet. Der Campingplatz-Chef von einst befeuerte, unter seiner gastronomischen Überdachung, einen Holzkohlegrill. Weißes Brot, eingerieben mit Tomate, Knoblauch und Olivenöl war seine und auch unsere Spezialität. Der Mann hatte ein Herz oder auch Mitleid mit zwei jungen, blonden Frauen, aus einem fernen Land. Egal - wir wurden satt.
Die Stadt ist in ihren Außenbezirken gewachsen. Altstadt und Festungsmauern sind, nach wie vor, einen Besuch wert. Der zentrale Platz ist meiner Erinnerung nach ein Ort mit schattenspendenden Bäumen, Bänken auf denen die Einheimischen die Mittagshitze überdauerten und die Abendkühle genossen. Ringsherum einfache Wohnhäuser und Geschäfte. Heute ist er eine modern gepflasterte Fläche, aufgeräumt und für meinen Geschmack viel zu clean. Hätte man besser machen können.
Warum ich mich an Anblicke, die ich heute sehr reizvoll finde, überhaupt nicht mehr erinnere, ist mir ein Rätsel. Die Altstadtmauer, auf der man die gesamte Bucht von Vieste entlangflanieren kann, mit malerischen Ansichten, musste es vor 42 Jahren auch schon gegeben haben.
Wahrscheinlich hatte ich mit 17 Blicke für Anderes.
D-61476 Kronberg