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Meltemi vs. schlafender Wind

Auf dem Weg nach Chalkidiki - im Juli 2024

Gewusst habe ich es schon, dass es ihn gibt, den selten abreißenden Luftstrom von Nord nach Süd. Meltemi nennt man ihn. Betroffen sind die Inselgruppen der Kycladen und der Dodekanes. Mein Wissen musste sich erst vereinen mit meinem Fühlen, um zu entscheiden, gefällt mir das oder eher nicht. Ich nehme die Antwort vorne weg. - Eher nicht. Je weiter der Sommer voranschreitet desto konsequenter hält sich der Wind an seine Bestimmung. - Er bläst. Die Dodekanes Inseln sehen deshalb so aus, wie sie aussehen. Kahl, lediglich Kräuter, vor allem Thymian, breiten sich aus und verwandeln die Inseln in riesige Kräutergärten. Mehr als kurze Spaziergänge machten wir hier nicht. Die Sonne prallte auf den steinigen, trockenen, aufgeheizten Boden. Sah ich einen schattenspendenden Baum, war er bereits von wildlebenden Ziegen in Beschlag genommen. Der saftige, grüne, kühle Taunuswald wurde in dem Moment zum Sehnsuchtsort für mich.


Karla und Peter besuchten uns für eine Woche. Von Kos nach Kos hieß die Reiseroute. Der Wind hatte sich Gott sei Dank in dieser Zeit einigermaßen im Griff. Für nicht Bootlinge war es auch so herausfordernd genug. Ihnen hat es gefallen, uns hat ihr Besuch gefreut.


Immer wieder passten wir unsere Törnplanung an, um möglichst unter Segeln, Richtung Thessaloniki zu gelangen.


Vor drei Jahren hatten wir einen Starkwindsegelkurs auf Teneriffa gebucht. Leider hielt sich der Wind damals nicht ans Kursthema. Er träumte glückselig vor sich hin. Zumindest gab es theoretische Wissensvermittlung, die jetzt zur Anwendung kam.


Der Meltemi hat relativ kühle Luft im Gepäck. Die Kojen waren stets gut durchströmt und machten die Nächte angenehm. Wir lernten Boot und Segel unter Belastung kennen, übten das Reffen und fassten großes Vertrauen in unseren Anker, den wir später einmal verlieren werden (Das ist eine andere Geschichte). Nervende Mücken und plagende Stiche gab es nicht. Der Wind war stärker als die Blutgier der Tierchen. Unser Gehör wurde geschult, vor allem Nachts. Wir übten Windrichtung und -Stärke zu hören. Jede Veränderung löst andere Geräusche aus, wenn die Luft durch die Takelage peitscht. Unsere Körper tauchten wir nur für kurze Waschungen ins Meer. Festgeklammert an der Badeleiter ließen wir uns vom wild schwoienden Boot, wie ein nasses Laken, durchs Wasser ziehen. Strecke schwimmen war unmöglich. Der hula hoop Reifen blieb verstaut. So viel Power bringt meine Rumpfmuskulatur nicht.


Die Wochen wurden ein wenig einsam. Charterregionen lagen hinter uns. Bootseigner hockten auf ihrem Kahn, zufrieden eine, zumindest vor Wellen geschützte, Bucht gefunden zu haben. Niemand möchte erleben, während eines Landgangs, seine Yacht aufs offene Meer oder gegen die Küste treiben zu sehen. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.


Wir wählten die längere Passage zwischen Euböa und dem griechischen Festland, in der Hoffnung unseren Segeln einige Strapazen zu ersparen. Gute Entscheidung!


Bei der Ansteuerung einer Ankerbucht für die Nacht klingelte mein Handy. Ronald und Annett waren bereits da, hatten uns auf dem AIS gesichtet. Die Zwei kennen wir vom letzten Jahr, aus dem Golf von Korinth. Welch ein Zufall! Wiedersehensfreude, gemeinsames Abendessen, Wein auf unserem Boot, erzählen, lachen ... . Begleitet wurde dieser schöne Abend von einem spiegelglatten Meer, auf dem sich kein Lüftchen regte. Wir hatten es endlich geschafft, waren dem Meltemi entwischt.


Es ging weiter nach Skiathos, einer Insel der nördlichen Sporaden. Wolle hatte Florian über eine Segler-App kontaktiert. Wir ankerten neben seiner kleinen Victory. Florian kommt zu uns rüber. Kontaktfreudiger Kerl aus Arosa in der Schweiz. Erfolgreicher Spitzengastronom, sucht nach stressigen Jahren in diesem Metier nach neuen Lebenszielen und passenden Wegen. Zwei Tage interessante Unterhaltung beim Boule am Strand, Bier in der Strandbar, Essen in idyllischer Taverne und natürlich einem Fläschchen Wein bei uns an Bord.


Übrigens: Skiathos ist sehr bewaldet. Sattes Piniengrün verströmt den Duft von Nadelgehölz. Nach Sonnenuntergang streicht kühle Luft durch die Wälder und sorgt für ein angenehmes Klima (ist sehr wichtig für unseren Erdball). Der Wind geht abends schlafen, das Meer wird spiegelglatt. So mag ich segeln, auch wenn es wieder Mücken gibt.

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