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Hinz und Kunz

Thessaloniki im Juli 2024

Eigentlich ist ein Blog ein Tagebuch. So ein Buch wird und wurde schon weit vor den Zeiten des Internets von vielen Menschen gepflegt. Mit dem großen Unterschied, dass die Einträge handschriftlich, sehr persönlich, teils intim sind und keinesfalls jemand anderem in die Hände fallen sollen. Um dies nicht so leicht geschehen zu lassen versteckt man es an geheimen Orten, zum Beispiel unter der Matratze oder in abschließbaren Schubläden und klebt den passenden Schlüssel unter die Lade. Einige Büchlein sind sogar mit eigenem Schlösschen ausgestattet. Fällt nun das geheimste aller Geheimnisse aus Versehen in die Hände einer anderen Person, zum Beispiel beim gründlichen Reinemachen, verbietet es der Anstand einen Blick zu riskieren. Sollte die Neugierde jedoch Oberhand gewinnen, darf der dreiste Leser nicht entsetzte oder enttäuscht sein mit Dingen konfrontiert zu werden, die er besser nicht gewusst hätte. Die Verarbeitung des Gelesenen könnte nun vielleicht im eigenen Tagebuch Linderung finden oder man leidet zukünftig still mit andauernd schlechtem Gewissen.


Nicht so beim Blog. Hier hat der Verfasser die größte Freude und auch Erfolg, wenn möglichst die ganze Welt liest, was er oder sie zu vermelden hat.


Jetzt bin ich beim springenden Punkt des bloggens im Allgemeinen, insbesondere meines eigenen, angelangt. Meine Leserschaft hält sich sicherlich in Grenzen. Trotzdem könnte jeder, wenn er wollte. Wieviel Ehrlichkeit muss, soll und kann sein? Was will ich Hinz und Kunz mitteilen? Die zwei Letztgenannten sind mir nicht so wichtig. Ich schreibe für mich, damit ich mich später einmal besser erinnern kann, schreibe für alle, die mich kennen und an meinen Erlebnissen und Gedanken teilhaben möchten. Aber aufgepasst, Hinz und Kunz könnten mit im Boot sitzen.


Ach so!, Achtung!, dann schreibe ich wohl besser vom fantastischen Wetter, perfekten Segelwinden, traumhaften Ankerbuchten mit weißen Sandstränden, schmackhafter lokaler Kulinarik, reizenden Ortschaften, gastfreundlichen und hilfsbereiten Menschen, harmonischer Zweisamkeit, bereichernden Kontakten mit Gleichgesinnten, körperlicher Fitness durch gesunde Ernährung und Bewegung, stets passenden Winden die das Boot von einer Traumlokation zur nächsten wehen. Temperaturen und Klima könnten nicht perfekter sein. Die leicht gebräunte Haut ist einfach nur dankbar für so viel Wellness. Geld und Finanzen sind kein Thema. Warum auch?


Neider hätten genug Futter, um mich und mein Leben zu hassen.


Also, ich möchte schon ehrlich sein. Nicht, dass bei meiner Auflistung alles Wunderbaren lediglich meine Phantasie Purzelbäume schlug. Nein, so Manches passt schon. Nur nicht zu jeder Zeit und nicht an jedem Ort.


Gerne schreibe ich auch über alle anderen Facetten unserer diesjährigen Tour. Lug und Trug halte ich jetzt unter Verschluss:

Anfangs war das Wetter zu kühl. Dreiviertel des Törns blies der Wind zu stark und das rund um die Uhr. Um den Zeitplan unseres Reparaturtermins einzuhalten waren wir in Eile. Gestresst haben wir dementsprechend wenig gesehen. Viele Tage verbrachten wir mit warten. Das war nicht immer gut für unsere Stimmung. So viel Instandhaltung und Pflege rund ums Boot hatte ich mir nicht vorgestellt. Die Kargheit der Dodekanes-Inseln sind für meine Augen kein Schmaus. Tag aus, Tag ein mit der selben Person zusammen zu sein kann beglücken, tut es aber nicht immer. Meine Kinder fehlen mir. Kleine Schieflagen ihres Lebens bekomme ich zwar mit, spüre in dem Moment aber die räumliche Trennung. Hinzukommt die hochbetagte Verwandtschaft, die daheim zurückgelassen, das vage Gefühl auslöst, sich egoistisch und verantwortungslos aus dem Staub gemacht zu haben. Immer ist die bange Hoffnung im Hinterkopf, dass alles gut gehen möge, bis ich wieder zu Hause bin. Die UV-Strahlung auf meine alternde Haut stimmt mich nicht froh. Seit Neuestem bezeichne ich Falten als Linien der Erfahrung und Weisheit. Ich vermisse Frauengespräche und ab und zu auch mal eine Frisur. Aus unterschiedlichen Gründen reduziert sich mein Sportprogramm, dafür habe ich Hornhaut auf den Knien. Auf die Stadt Thessaloniki war ich gespannt. In einem Blog kam , diese Stadt ausgesprochen gut weg. Leider sah ich anstatt Großstadtflair und malerischer Altstadt versiegelte Flächen, Hitze, dichten Straßenverkehr, der die Shoppingmeile in zwei Stränge trennt. Das einzig malerische an der Altstadt waren die unzähligen, schlechten Graffitis.


Fazit: Jeder Törn ist anders. Kämpfe ich mit Widrigkeiten kann ich umso mehr die Phasen schätzen, wenn alles fluppt und passt.


Übrigens, dass was niemand lesen soll steht im Büchlein mit dem Schlösschen. Es liegt unter der Matratze und ist nicht bestimmt für Hinz und Kunz.

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