Die Hitze ist unerträglich. Zwischen 11:00 und 19:00 Uhr überlegen wir uns genau was wir tun oder besser nicht. Heute bin ich schon zweimal mit dem Fahrrad in die Stadt zum Einkaufen gefahren. Der Fahrtwind kühlt so schön und in den Geschäften laufen die Klimaanlagen. Da drehe ich gerne mal die ein oder andere Runde zusätzlich um den Verkaufsständer. Ein Fischer hat mir heute morgen, während er mir zwei Fische fürs Abendessen ausnahm, mit drei Wörtern auf Englisch, der Rest war Griechisch, untermauert von viel Gestig und Mimik, klargemacht, dass er das mit der Hitze auch schrecklich findet. Die Menschen seien selbst Schuld, begreifen es einfach nicht. In 50 Jahren wird nichts mehr so sein wie jetzt, war seine düstere Prognose. Dann verpackte er die Fische in zwei Plastiktüten. Die sind in Griechenland noch voll im Trend. Ohne Mehrkosten für den Kunden wandert die Ware selbstverständlich in die Tüte. Beim Fischmann will ich ein Auge zudrücken. Ungern hätte ich dankend abgelehnt und den Einkauf unverpackt in meine Tasche gestopft.
Wir liegen in der überschaubar kleinen Marina der Stadt Messolonghi, im Golf von Patras. Von See kommend mussten wir die schmale Fahrrinne durch das Lagunengebiet nutzen, um an deren Ende, die Marina zu erreichen. Links und rechts von der Rinne wird es flach. So flach, dass kleine, hölzerne Pfahlhäuser zu beiden Seiten fremd anmuten. Einige werden von Fischern genutzt, andere können gemietet werden. Der Gast darf sich ein wenig wie in Asien fühlen. In diese Gegend verschlägt es selten ausländische Touristen. Der Flughafen Preveza ist recht weit entfernt, Patras wird nur selten angeflogen. Charterbasen gibt es keine. Ob von griechischen Urlauben oder Einheimischen, so genau kann ich das nicht unterscheidend, sind die Restaurants am Abend sehr gut besucht. Zu meinem Leidwesen bleiben die angebotenen Speisen und die Art der Zubereitung von beeindruckender Einfallslosigkeit. Wenn man, wie ich, gerne auf Fleisch verzichtet und auch nicht der Freund von Octopus & Co. ist, haben sich die Auswahlmöglichkeiten schnell auf ein Minimum reduziert. Am mangelnden Angebot guter Zutaten kann es nicht liegen. Der Hauswein kann passabel sein, muss aber nicht.
In den vergangenen 4 Wochen sahen wir uns den Küstenstreifen der westlichen Peloponnes genauer an. Am südlichsten Stopp, dem Örtchen Methoni, beeindruckt eine wirklich gut erhaltene und große Festungsanlagen. Eine perfekte Kulisse für den kleinen Ort und für die Segler vor Anker. Eine große Bucht zuvor, mit dem Namen Naravinou und dem Städtchen Pylos, darf man sich ruhig merken, falls man in der nächsten Gesprächsrunde mit historischem Wissen punkten möchte. Hier wurde Griechenland am 20. Oktober 1827 unabhängig. Wenn die Schlagworte Londoner Vertrag, Russland, Großbritannien und Frankreich fallen wird Verblüffung und Hochachtung nicht lange auf sich warten lassen. Eine heftige Seeschlacht tobte gegen Türken und Ägypter. Die vielen Kämpfenden, die diese Aktion nicht unbeschadet überstanden haben und noch im schlammigen Grund der Bucht eingelagert sein werden, lassen ein mulmiges Gefühl in mir aufsteigen, wenn sich unser Anker im Morast eines Friedhofs eingräbt.
Apropos Anker. Schon vor geraumer Zeit hatte ich den Verdacht, dass unsere Winsch beim Aufholen des Ankers zunehmend schwächelt. Weil nicht sein kann, was nicht sein darf. Laut Hersteller funktioniert das Ding ein Bootsleben lang. Also musste wohl der schwere, tonartige Schlamm Schuld sein. Kiloschwer klebte er am Anker fest. Die Winsch brauchte viel Kraft und das Entfernen war eine Herausforderung. Aber der Schlamm war es nicht. Auf der Insel Zakynthos war endgültig Schluss. Einmal noch elektrisch runter, keinmal mehr rauf. Wolfgangs Einfallsreichtum in Punkto Technik und vorhandenen Gerätschaften war gefordert. Es hat natürlich funktioniert. Er ist wieder an Deck, der Anker. Ein großes Lob an den Tüftler! Zwei Bojenfelder später, sie sind hier selten zu finden, legten wir, eine Woche früher als geplant, in Messolonghi an. Die neue Winsch ist bereits auf dem Weg nach Griechenland. Ein Mechaniker wird sie einbauen, während wir zur Abkühlung für 4 Wochen den griechischen Brutkasten verlassen und uns am prasselnden deutschen Regen nicht satthören werden.
Wenn alles gut geht darf ab dem ersten September wieder fleißig geankert werden. Wir starten mit Valentin und Sandra den zweiten Teil unserer diesjährigen Reise.
PS: Ich vergaß zu erwähnen, dass wir Olympia besucht haben. Die antike Spielstätte wird in den Sommermonaten fast täglich von hunderten Interessierten besucht. Kreuzfahrtschiffe sorgen für permanenten Nachschub. Die olympischen Spiele haben ihren Reiz und ihre Daseinsberechtigung bis heute. Das ist großartig. Die sportlichen Disziplinen sind in ihrer Zahl viel mehr als damals. Ein antiker Wettkampf hat sich mir besonders eingeprägt, nämlich: Wälzen im Sand.
Es herrschte übrigens, während der Austragung der Spiele, Waffenruhe. Dieses Thema werde 2024 mal genauer unter die Lupe nehmen.
D-61476 Kronberg