Schwarzgraue Wolken am Himmel, der Wind peitschte dicke Regentropfen auf uns herab. Blitze, Donnergrollen, das volle Programm. Dann, ganz plötzliche Ruhe, Windstille, Entspannung. Jetzt nicht zu früh freuen. Wie von Geisterhand gelenkt drehte der Wind um 180 Grad und peitsche erbarmungslos aus entgegengesetzter Richtung Wassermassen vor sich her. Diesmal waren tischtennisballgroße Hagelkugeln mit im Gepäck. Trafen sie die Meeresoberfläche, dann hüpften sie wie Flummis in die Höhe. Trafen sie die Plastikscheiben unserer Sprayhood, schossen sie dort Löcher hinein. Notdürftig verklebt verlängert sich die Reparaturliste um den nächsten Punkt. Unser Anker hat diesen Stresstest mit bravour bestanden, in dem er unserer lei lei ein stabiles Zentrum für eine Menge Kreisfahrten sicherte.
Zwei Tage zuvor ankerten wir vor Galaxidi. Wir trafen dort erneut unsere Nachbarn von Trizionia und verabredeten uns für einen gemeinsamen Ausflug nach Delphi. Mit dem Mietwagen ist diese historische Stätte bequem zu erreichen. Die Bootsnachbarn kommen aus dem Dorf Elend im Harz. Sie haben dort den ehemaligen Kindergarten zu ihrem Wohnhaus umfunktioniert. "Wir kommen aus dem Kindergarten im Elend", berichteten sie uns schmunzelnd.
Zurück zum Ausflug nach Delphi. Am Steilhang gelegen, umgeben von hohen Bergen, mit Blick in tiefe, bewaldete Täler und Schluchten hat man für griechische Götter und allen anderen, die sonst noch hier waren, sind und sein werden, ein spektakuläres Panorama ausgewählt. Die Geschichte mit dem Orakel und den Göttern kann ich mir einfach nicht merken. Überhaupt sind die griechischen Gottheiten, mit all ihren Verstrickungen, ein Buch mit sieben Siegeln für mich.
Aber Stopp! - Vielleicht könnte man einen Gott des Zorns noch einmal aktivieren. Der sollte dann jedes Städtchen, jedes Dörfchen, jeden Strand und jede Bucht unter die Lupe nehmen. Findet er dort herumliegenden Müll, ungepflegte Ecken und vor sich hin gammelnde Bausünden, fixiert er eine unablässig tropfende Regenwolke, gepaart mit unangenehm kühlem Wind, über diesem Gebiet. Das Ergebnis kann sich wohl jeder vor Augen führen, wenn kein Tourist mehr Interesse an diesem Ort zeigt. Eine zusätzliche Schlussfolgerung drängt sich allerdings auch auf. Das Wetter würde also zahlungskräftige Besucher abhalten. Über Müll und Bausünden sieht er scheinbar hinweg. Hauptsache die Sonne scheint.
Die Reise führte uns weiter in den Golf von Korinth hinein, denn wir hatten beschlossen: Das gönnen wir uns, die Passage durch die Straße von Korinth.
Im Verhältnis zur Länge ist es die teuerste der Welt. 6 km lang, 25 m breit und die höchsten Felswände ragen bis zu 80 m in die Höhe.
Das war uns die Sache wert. Schwups ist man im Saronischen Golf. Athen ist quasi vor der Haustür. Einige Seemeilen weiter taucht man ein, ins Charterrevier dieser Metropole. Wir besuchten Orte, die wir aus unserer eigenen Charterzeit kennen. Wir freuten uns auf das Wiedersehen oder erschraken, wenn wir erst nach Stunden beim Landgang feststellten, dass wir dort schon ein oder mehrmals waren. War der Groschen erst einmal gefallen, waren alle Erlebnisse wieder präsent.
PS: In Poros wollte ich eine SIM-Karte fürs Internet kaufen. Die Verkäuferin brachte mich an den Rand der Verzweiflung, weil sie ständig nach dem Passwort fragte. Nach drei Anläufen, Wolle schicke mit Fotos von allen Zahlen- und Buchstabenkombinationen die irgendwie in Frage kommen könnten, stellte sich heraus: Die Dame wollte einfach nur meinen Passport.
Fazit: Irgendwie schaffe ich es am Ende doch. Das macht Mut.
D-61476 Kronberg